Kassel, 02.02.2015: Der Verlag Weber & Zucht war ein Verlag für alternatives Leben, Gewaltfreiheit und Anarchismus in Kassel. Betrieben wurde er von Helga Weber und Wolfgang Zucht von 1976 bis 2014. Im Verlag Weber-Zucht sind 35 Publikationen erschienen. Die publizierten Bücher umfassen die Thematiken Gewaltfreiheit, alternatives Leben, gewaltfreie Aktion, Anarchismus, Kriegsdienstverweigerung und Pazifismus. Viele Schriften befassen sich mit Lew Nikolajewitsch Tolstoi, Mahatma Gandhi, Clara Gertrud Wichmann und Lanza del Vasto.
Der Großteil der Publikationen wird beim Graswurzel-Verlag auch in Zukunft zur Verfügung stehen. Wir danken allen Autoren, Freunden und Kunden für das über viele Jahre entgegengebrachte Vertrauen und hoffen, dass unsere Arbeit auch weiterhin einen positiven Einfluss auf eine friedlebende Gesellschaft hat. Der letzte Katalog des Verlags ist online hier. Weiterführende Information bei Wikipedia.
Gütekraft – Gandhis Satyagraha
Arnold geht es zunächst darum mit Gütekraft ein deutsches Wort für Satyagraha zu finden, das nicht nur verneint wie Gewaltfreiheit, sondern auch das konstruktive Element von Satyagraha wiedergibt. Er strebt eine systematische Rekonstruktion der Wirkungsweise von Satyagraha an und verfolgt dabei den Lebensverlauf Gandhis, wie er für die Entstehung und Entwicklung von Satyagraha eine Rolle spielt. Das geschieht zunächst auf dem weltanschaulichen Hintergrund (Indiens). In vielen Einzelheiten wird erörtert, wie Satyagraha durch und bei Gandhi zur Wirkung gebracht wird. Er weist darauf hin, wie Gandhis Aussagen mannigfach missverstanden oder missbraucht werden u.a.m.
Aus dem Vorwort
„Gandhi ist ein Name wie Jesus geworden“,7 sagte mir ein deutscher Freund, nachdem er einen Teil dieser Untersuchung gelesen hatte. „Darum stört es mich, wenn du M. K. Gandhi' schreibst.“ — Ja, ich tue es aus bestimmten Gründen, ganz be-wusst, und schreibe auch durchgängig nicht „Mahatma Gandhi“. — „Dann musst du es erklären!“
Der volle Name war Mohandas Karamtschand8 Gandhi. „Mahatma“ ist der Ehrentitel, den der hoch angesehene Dichter Rabindranath Tagore ihm gab, und bedeutet „große Seele“. Das ist in Indien eine Bezeichnung für eine heilige Person, die Göttliches ausstrahlt. M. K. Gandhi hatte wegen dieses Beinamens sehr unangenehme Folgen zu tragen, davon wird noch die Rede sein. Andererseits war, auch wenn er den Ehrennamen oft abwehrte, der dementsprechende Volksglaube eine Stütze für seinen Einfluss. Aber nicht wegen der Bedenken, die er gegen die Benennung vorbrachte, benutze ich eine andere als diese Benennungsweise, sondern deshalb, weil grundsätzliche Missverständnisse über diesen Menschen und seine Anschauungen mit solcher Vergöttlichung oder Heiligsprechung verbunden und weltweit verbreitet sind. Ein derartiges Vorverständnis hat bis heute das Verstehen irregeleitet. Obwohl es in dieser Arbeit nur um die sehr begrenzte Frage, wie er sich die Wirkungsweise seines Konfliktbearbeitungskonzepts vorstellte, und nicht um eine Würdigung von Person oder Werk des Inders insgesamt geht, muss, um den Weg für diese Frage frei zu machen, das falsche Vorverständnis abgewehrt werden.
Schon zu Lebzeiten M. K. Gandhis wurden solche Missverständnisse in Indien dadurch verfestigt, dass Sammlungen von Aussagen und Reden dieses Politikers besonderer Art, nämlich Anthologien, herausgegeben und gehandelt wurden wie heilige Verhaltensregeln oder moralische Vorschriften von hoher Autorität, so als hätte M. K. Gandhi in der Regel Handlungsnormen für alle verkünden wollen, die als zeitlos gültig anzusehen seien. ….