Anarchistisches Lesebuch

Herausgegeben on Syma Popper

Auseinandersetzung mit aktuellen Anarchismustheorien. Unterhaltsam und humorvoll werden Staatstheorie, Revolution, Utopien, Patriarchat behandelt. Außerdem satirische „Briefe an Prominente“, Regierungsmitglieder und Institutionen nebst Antwortschreiben.

Das Buch beginnt auf folgende Weise:

MEIN STAAT
I
Wie? Sie kennen mich nicht? Sie werden mich noch kennenlernen.
Da zugegebenermaßen aus mir nichts geworden ist, bin ich gezwungen, einen eigenen Staat zu gründen. Wie man das macht, habe ich in den über sieben Jahrzehnten meines Erdenwallens in drei Erdteilen miterlebt.
Der von mir persönlich zu gründende und zu ergründende Staat wird Anspruch auf volle Souveränität und allerhöchste Autorität erheben und diese mit allen Mitteln durchsetzen.
Mein Staat wird mit der Hilfe interessierter und beteiligter Mächte irgendwo entstehen, wo ein korruptes, unfähiges und bankrottes System zusammengebrochen ist. Wie Sie wissen, kann das überall sein.
Sie sehen, daß es mir ernst ist und daß ich nicht gesonnen bin, wie Hinz und Kunz einfach von der Bildfläche zu verschwinden, ohne der Weltgeschichte meinen Stempel aufgedrückt zu haben.
Bis ins letzte Detail habe ich, von meinen großen Vorbildern inspiriert, die Pläne für meine Staatsgründung ausgearbeitet und vorbereitet. Wie bereits angedeutet, werden sich reale Möglichkeiten in Hülle und Fülle ergeben.
Von Anfang an möchte ich den Käufer dieses meines
Werkes eindringlichst davor warnen, meine künftigen Anordnungen zu mißachten, da er sonst die schwerwiegenden Folgen seines Ungehorsams selbst zu verantworten hätte.
***
Das Manuskript dieses meines Werkes lag bereits einem anderen Verleger vor, der jedoch meine Anordnungen nicht nur nicht befolgte, sondern sogar einen Psychiater auf mich losließ. Ich hatte keinen Grund, ihm ob dieser Gemeinheit zu zürnen, denn der Psychiater erkannte meine wahre Bedeutung und schloß sich mir mit einem glaubwürdigen Treueschwur als erster Mitstreiter an. Er hatte erkannt, daß er in meinem Staate eine außerordentliche Karriere machen würde.

Der geneigte Leser, mag er sich nun neigen, wohin er mag. Er wird sich schließlich dorthin neigen müssen, wohin ich ihn führe.